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FAQ Krankenhausreform

Die Krankenhausreform der Bundesregierung verfolgt im Wesentlichen zwei Ziele:

  • Reduzierung von Krankenhäusern, also Standorten, weil angenommen wird, dass ein nennenswerter Teil der Krankenhäuser nicht versorgungserforderlich ist
  • Konzentration von Leistungen, die besondere Kompetenz erfordern, auf weniger Standorte

Eines der Instrumente, die dafür genutzt werden, sind die Leistungsgruppen. Sie ersetzen in der Krankenhausplanung künftig die Abteilungen. Um ein Beispiel zu geben: für die Innere Medizin gibt es in Niedersachsen bislang die Abteilung Innere Medizin. Was das Krankenhaus innerhalb dieser Inneren Medizin anbietet, ist ihm weitgehend freigestellt. Künftig wird es verschiedene Leistungsgruppen geben, für die das Krankenhaus zugelassen sein muss. Wenn es nicht zugelassen ist, darf es diese Leistungen nicht mehr erbringen. 

Die niedersächsische Krankenhausreform orientiert sich an der Bundesreform.

Die Schwester Euthymia-Stiftung ist Mehrheitsgesellschafterin vier katholischer Krankenhäuser im Nordwesten Niedersachsens. Diese vier Krankenhäuser führen insgesamt rd. 1.000 Planbetten, haben bei einem Umsatz von ca. 330 Mio. € 3.300 Mitarbeiter und versorgen den südlichen Teil der Versorgungsregion Oldenburg, insbesondere die Landkreise Vechta und Cloppenburg. Die Eigenversorgungsquote in diesen Landkreisen, namentlich im Landkreis Vechta, ist sehr hoch.

Haben wir bei Null begonnen? Zum Glück nicht.

Schon in der (momentan noch existenten) Zeit der Krankenhausplanung auf Abteilungsebene wurden in dieser Region viele vernünftige Elemente vorweggenommen. Der Grad an Parallelvorhaltungen über die Grundversorgung hinaus ist relativ niedrig. Für Teile mindestmengenbelegter Leistungen wurden bereits Leistungskonzentrationen erfolgreich durchgeführt. Für alle Hauptabteilungen haben wir uns zum Ziel gesetzt: die Abteilungsgröße sollte die Beschäftigung von fünf Fachärzten ökonomisch ermöglichen. Für die zwei benachbarten Krankenhäuser Lohne und Vechta wurde die bauliche Zusammenlegung geplant und beantragt, die gesellschaftsrechtliche und, ebenso wichtig, kulturelle Zusammenführung hat bereits stattgefunden, ebenso wurde die Nachnutzung des aus dem Krankenhausplan ausscheidenden Hospitals vorbereitet.

Der Analyseteil ist vergleichsweise trivial: wir haben die §21-er Datensätze unseres Verbundes mit dem Grouper NRW den Leistungsgruppen NRW zugeordnet. Parallel haben wir überprüft, ob und inwieweit wir die Voraussetzungen für die Erbringung von Leistungsgruppen, ebenfalls nach Schema NRW, erfüllen. Im Grunde genommen haben wir nichts anderes gemacht, als dass wir unsere Krankenhäuser fiktiv über die Landesgrenze verlegt haben.

Damit hatten wir folgendes Zwischenergebnis: für die meisten und die für uns relevanten Leistungsgruppen wurde deutlich, dass wir die Voraussetzungen für die Lizenz zur Erbringung derselben erbringen. Die denkbaren Leistungsverluste, gemessen in Umsatz, waren nicht zu vernachlässigen, aber auch nicht von existenzieller Bedeutung. Sofern Voraussetzungen nicht erfüllt wurden, lag dies zumeist an den geforderten fachärztlichen Vorgaben (Vollzeitäquivalente und besondere Qualifikationen). An dieser Stelle wollten und durften wir aber nicht stehenbleiben. 

Wir haben vielmehr ein regionales Versorgungskonzept innerhalb des Verbundes entwickelt und eine Abstimmung mit den umliegenden Krankenhäusern in Angriff genommen.

Dieses regionale Versorgungskonzept haben wir sehr simpel gegliedert:

Ortsnahe Grundversorgung: hier haben wir die Allgemeine Innere Medizin, die Allgemeine Chirurgie sowie die Geriatrie und die Gynäkologie/Geburtshilfe zugeordnet; auf diesen Gebieten gab und gibt es wenig unmittelbare Handlungsbedarfe.

Gut erreichbare Notfallversorgung: die Notfallversorgung sollte nicht mit der Grundversorgung in einen Topf geworfen werden. Kleinere Krankenhäuser der Grundversorgung bieten die entscheidende Notfallversorgung häufig gar nicht an. Wir haben hier schlicht die Elemente Herzinfarkt (also invasive Kardiologie), Schlaganfall (also Stroke Unit) und Trauma zugeordnet. Da in der invasiven Kardiologie fünf Fachärzte als Voraussetzung beschrieben sind, kamen wir an zwei Standorten zunächst an Grenzen; mittlerweile ist diese Thematik positiv abgearbeitet. In der traumatologischen Versorgung sehen wir in jedem Landkreis ein Krankenhaus, das die Notfallversorgungsstufe II bereits vorhält und als VAV-Haus anerkannt ist. 

Schwerpunktversorgung: Hierbei haben wir unterschieden zwischen Leistungsgruppen, die gemessen an den ersten beiden Bereichen in Summe relativ niedrige Fallzahlen haben, bei denen insgesamt jedoch der größte Handlungsbedarf besteht – obwohl, wie oben beschrieben, schon umfangreiche Vorarbeiten erledigt waren, bspw. in der Viszeralmedizin Darüber hinaus gibt es Leistungsgruppen mit überwiegend elektiver Leistungserbringung, deren Fallzahl- und damit verbundenes Casemix-/Umsatzvolumen sehr relevant ist, bspw. in der Endoprothetik oder Wirbelsäulenchirurgie. 

Auch in der Schwerpunktversorgung waren die Leistungsvoraussetzungen in der Regel gegeben. Dies reichte uns jedoch nicht aus: Einerseits sind die Auswahlkriterien zu berücksichtigen. Andererseits existierten die Handlungsbedarfe nicht aufgrund des Trägerwillens; vielmehr waren manche Veränderungen – im Sinne von Konzentrationen – in der Vergangenheit nicht umsetzbar. Kurzum: es gibt in jedem Krankenhaus und in jedem Verbund viele Chefärzte mit Goodwill. Sie haben uns die gute Ausgangsposition verschafft. Es gibt aber immer auch Chefärzte mit weniger Good- oder sogar Badwill. Die Krankenhausreform kann dazu beitragen, etwaigen Badwill zu überwinden.

Für diese Versorgungselemente wurden Zielvorstellungen entwickelt, die in einem internen Abstimmungsprozess abgearbeitet wurden. Ganz praktisch: standortübergreifende Konferenzen mit den Chefärzten der betroffenen Abteilungen, in denen wir uns dem Zielkonzept angenähert, Vereinbarungen getroffen, die Ziele operationalisiert und mit einem Zeitstrahl versehen haben. Wo sind wir an Grenzen gestoßen? 

Für großvolumigere Leistungselemente (zum Beispiel Orthopädie) lassen sich recht einfach Zielvorstellungen entwickeln. Die budgettechnische Umsetzung ist jedoch nahezu unmöglich, die ökonomische Existenzfähigkeit einzelner Standorte kann dadurch gefährdet werden. Außerdem sind kapazitätsmäßige Anpassungen – OP, Intensiv – an den aufnehmenden Standorten erforderlich. Positiv: innerhalb eines Verbundes können negative Folgen von Konzentrationsprozessen für die Weiterbildungsmöglichkeiten kooperativ und einfach gelöst werden.

Mit der Vorgehensweise insgesamt haben wir die im Zuge der Verabschiedung KHVVG eintretende Perzentildiskussion für unseren Verbund vorweggenommen. Sehr deutlich formuliert: vernünftige Dinge sind vernünftig und vernünftige Dinge sollten umgesetzt werden – unabhängig davon ob gesetzliche Regelungen existieren. 

  • Tiefes Rektum
  • Pankreas
  • Ovarial-CA
  • Wirbelsäulenchirurgie
  • Bauchaortenaneurysma
  • Carotis operativ/interventionell
  • Periphere arterielle Gefäße
  • Neurochirurgie
  • Bariatrische Chirurgie
  • Senologie
  • Urologie
  • Leukämie/Lymphome
  • Knie und Hüften
  • Revisionen Knie und Hüften
  • Orthopädie

Die Zusammenlegung der Krankenhäuser Vechta und Lohne ist bei diesen Schwerpunktbildungen bereits antizipiert. Mit anderen Worten: sie ist essentieller Teil der Schwerpunktbildung und des Regionalen Versorgungskonzeptes. Wir haben die Zusammenlegung beim Land Niedersachsen beantragt. Nur das versetzt uns in die Lage, die entsprechenden Leistungsgruppen für ein zusammengelegtes Klinikum zu beantragen. Wenn wir von dieser – vernünftigen – Linie abweichen, gefährden wir diese unsere Position.

DAS ist der fundamentale Zusammenhang zwischen Regionalem Versorgungskonzept und der Idee eines Zentralklinikums. Deshalb ist die Einschätzung richtig: wenn wir das Zentralklinikum nicht auf den Weg bringen, ist eine Sicherstellung der ausgezeichneten Versorgung im Landkreis Vechta und im Oldenburger Münsterland direkt gefährdet. 

Diese Baumaßnahmen sind einerseits Voraussetzung für die Realisierung des Regionalen Versorgungskonzeptes.

Außerdem haben die Folgen der Krankenhausreform ebenfalls Auswirkungen auf die Baumaßnahmen selbst.

Die geplante Maßnahme in Damme wird erweitert, da sich gleich mehrere Krankenhäuser im Umfeld des Dammer Krankenhauses aus der stationären Versorgung verabschiedet haben oder verabschieden werden. Beispielhaft zu nennen sind die (ehemaligen) Krankenhäuser Ostercappeln, Ankum und Rahden. Darüber hinaus wird im Krankenhaus Bramsche praktisch keine Somatik mehr angeboten.

Die laufende Baumaßnahme am Krankenhaus Cloppenburg wird u.a. vor dem Hintergrund des geplanten Ausscheidens Löningens aus der Versorgung erweitert. 

Für beide Häuser müssen zur Realisierung der Konzentration endoprothetischer Leistungen im Oldenburger Münsterland die OP-Kapazitäten erweitert werden. 

Auf Basis der veröffentlichten Qualitätsberichte, deren Zahlen wir zumindest näherungsweise den Leistungsgruppen zugeordnet haben, konnten wir uns ein Bild von der jeweiligen Positionierung der Krankenhäuser unserer Region 

  • unsere Häuser sind, insbesondere mit einer verbundinternen Leistungskonzentration, auf den meisten Gebieten relativ stärker. Das umfasst sowohl die regionalen Krankenhäuser, für einige Schwerpunktleistungen auch diejenigen der Oberzentren in Osnabrück und Oldenburg Auf den ersten Blick bedeutet das: zwischen den Oberzentren können bei kluger Schwerpunktbildung auch Schwerpunktleistungen erbracht werden, ohne dass Qualitätskompromisse eingegangen werden

  • unsere Häuser sind, soweit aus den Daten erkennbar, gemessen an der Planbettenzahl deutlich besser ausgelastet als alle unmittelbaren Wettbewerber.

Es gibt also die Chance, auch Schwerpunktleistungen im Oldenburger Münsterland zu halten – wenn wir bereit sind, Veränderungen vorzunehmen. Sehr wünschenswert wäre dabei eine Abstimmung mit denjenigen Häusern unserer Region, die nicht zum Verbund der SES gehören.

Wir haben überwiegend konstruktive Gespräche mit den Geschäftsführungen bzw. Trägern der Krankenhäuser in unserer Region aufgenommen und hoffen, dass die Gesprächsbereitschaft im Zuge der Krankenhausreform noch weiter zunimmt.

Wir tun alles dafür, um aus den Häusern der SES heraus einen Versorgungsschwerpunkt zwischen Bremen/Oldenburg und Osnabrück abzusichern. Gleichzeitig: es ist nicht selbstverständlich. Auch wir arbeiten letztlich innerhalb der Rahmenbedingungen, die uns Bundespolitik, Landespolitik und die – gerade für freigemeinnützige Krankenhäuser – ungerechte und wettbewerbsverzerrende Finanzierung setzen.

In Niedersachsen werden ab dem 1.4.2025 die Leistungsgruppen beantragt. Wir streben die Umsetzung unseres Regionalen Versorgungskonzeptes an. Das bedeutet ganz praktisch, dass wir die dort befindlichen Leistungsgruppen beantragen und für einige Leistungsgruppen bezüglich der Leistungszahlen auch diejenigen, die momentan noch von Wettbewerbern erbracht werden, beantragen werden. Natürlich wollen und werden wir uns weiterhin im Vorfeld um eine Abstimmung mit diesen bemühen.

Wo wir am Ende stehen, wird die Zukunft zeigen. Die Kernfrage wird sein: geraten wir unter Druck, weil es bundes- oder auch landespolitisch erwünscht ist, speziellere Leistungen komplett in die Oberzentren zu verlagern? Oder bleiben wir, durch regionale Leistungskonzentration und ohne Qualitätskompromisse einzugehen, regionale Schwerpunktanbieter? 

Die zweite Variante ist natürlich für unsere Patienten, Mitarbeiter und die Menschen im Oldenburger Münsterland absolut erstrebenswert.

So könnte es ausschauen: